Allochthone Mauereidechsen in Aschersleben :

Allochthone Mauereidechsen in Aschersleben

Von STEVE HAHNEMANN
September 2013

stevehahnemann@web.de

Seit einigen Jahren häufen sich die Meldungen über allochthone Populationen der Mauereidechse (Podarcis muralis) in Deutschland. Aus Sachsen-Anhalt war bisher jedoch nur die Population vom Botanischen Garten in Halle (Saale) bekannt. Umso bemerkenswerter ist die Entdeckung einer weiteren Mauereidechsen-Population in Aschersleben.

Die erste Mauereidechse wurde bereits im August 2009 von meinem Vater am Hang der Gaststätte "Siedlertreff" in der Winninger Siedlung gefangen. Er zeigte sie mir und ich bestimmte dieses Tier fälschlicherweise als Waldeidechse. Lacertiden waren zu jenem Zeitpunkt noch nicht so sehr in meinem Focus. Auffällig war jedoch die orangene Bauchseite, die mich auch etwas irritierte. Nach der Begutachtung wurde die Eidechse natürlich wieder am Fundort entlassen. Danach verlor ich das Ganze aus den Augen. Es dauerte gute zwei Jahre, bis ich die Sache nochmals verfolgte. Grund war der Fund einer Zauneidechse (Lacerta agilis) in der Siedlung durch meinen Sohn. Ich erinnerte mich wieder an diese seltsame "Waldeidechse". Also googelte ich im Internet und stieß auf das Forum der DGHT. Dort beschrieb ich das gefundene Tier und jemand meinte dazu, dass es sich hierbei vermutlich um eine Mauereidechse gehandelt habe. Vergleiche mit Bildern im Internet untermauerten diesen Verdacht. Ich suchte das Gebiet ab, jedoch zunächst erfolglos, was wohl der Jahreszeit (November) geschuldet war.
Erst im Frühjahr 2012 wurde ich dann fündig und konnte nun auch die Tiere korrekt als Podaris muralis bestimmen. Mein Vater erzählte mir daraufhin, dass vor Jahren solche Eidechsen einen großen Findling vor seiner Gaststätte besiedelten, diese jedoch verschwanden, als die dortigen Birken gefällt wurden.

Abb. 1: Gaststätte "Siedlertreff"
Abb. 2: Mauereidechse (Weibchen)

Meine Beobachtungen ergaben, dass die Mauereidechsen in geringer Populationsdichte die Straßen und Gärten der Winninger Siedlung bevölkern. Die meisten Individuen (ca. 9 - 10 Tiere) fand ich am Gemäuer und dem Hang der Gaststätte "Siedlertreff" (Abb. 1). Dort finden sie in den zahlreichen Fugen Unterschlupf. Manchmal muss der Gastwirt auch das ein oder andere Tier aus der Gaststätte entfernen, weil sie bis in die Gasträume vordringen. Ein besonders großes adultes Männchen hält sich gerne im Eingangsbereich auf. Trotzdem findet man an manchen Tagen, trotz eigentlich perfekten "Eidechsenwetters", nicht ein Tier. Nach Nachfrage sind die Eidechsen dem Nachbar gegenüber der Gaststätte auch schon länger bekannt und sind auch auf seinem Grundstück anzutreffen.
In diesem Jahr konnte ich zwei Schlüpflinge finden. Im Ganzen zählte ich 18 unterschiedliche Individuen in der gesamten Siedlung. Allerdings besteht der Großteil des Areals aus Privatgrundstücken und ist somit schwerlich zu untersuchen. Nach Aussagen von Anwohnern hat es aber den Anschein, dass die Population wächst. Das könnte damit zusammenhängen, dass sich der Lebensraum für die Mauereidechsen deutlich verbessert hat. So wurden vermehrt Natursteinmauern und Steingärten angelegt, auch Katzen sind kaum zu sehen.

Abb. 3: Mauereidechse (Männchen)

Abb. 4 -6: Jungtier (o. links), Männchen (o. rechts), Weibchen (unten)

Abb. 7: Winninger Siedlung

Inzwischen wurden die Mauereidechsen von Dr. Ulrich Schulte (Trier) genetisch untersucht. Demnach handelt es sich hierbei, ebenso wie in Halle (Saale), um Podarcis muralis muralis. Auf welchen Wegen die Mauereidechsen nach Aschersleben gelangt sind, ist mir nicht bekannt. Auf jedem Fall werde ich weiterhin Augen und Ohren offen halten und gegebenenfalls erneut darüber berichten.

Literatur:

SCHULTE et al., 2011: Verbreitung, geografische Herkunft und naturschutzrechtliche Aspekte allochthoner Vorkommen der Mauereidechse (Podarcis muralis) in Deutschland, Zeitschrift für Feldherpetologie 18: 161–180